Der Verband im Umbruch - Brigitte Lehnert (Teil 2)
Was waren Ihre persönlichen Erfolgserlebnisse?
Es gibt so viele Erlebnisse, an die ich mich gern erinnere und die mich in meiner Arbeit bestätigt und befriedigt haben. Wenn ich etwas erwähnen soll, dann sind das natürlich die Nationalen Sommerspiele 2004 in Hamburg, damals vor meiner Haustür, die für mich und alle Beteiligten einen ganz besonderen Stellenwert haben. Nicht nur, weil es in Hamburg besonders schön war, sondern vor allem auch, weil vieles von dem, was wir uns vorgenommen hatten, erstmalig umgesetzt werden konnte. Überhaupt waren alle Nationalen Spiele, an denen ich mitwirken konnte, großartige und auch Erfolgserlebnisse, weil nirgendwo sonst der Kontakt mit den Athleten, den Kollegen und den Partnern so eng und die Rückkoppelung so direkt war und ist.
Wer waren Ihre Mitstreiter in dieser Zeit, denen Sie anlässlich der 25 Jahre danken möchten?
Es waren viele in dieser Zeit, denen ich Dank schulde und deren loyale Unterstützung mir viel bedeutet hat. Ich möchte hier nur vier Personen nennen und hoffe, dass alle anderen es mir verzeihen. Gernot Buhrt, der mir als unbedarftem Newcomer Special Olympics erst einmal erklärt hat. Erwin Görgen, der in den schwierigen Monaten ein Fels in meiner Brandung war. Sven Albrecht, mit dem mich fast seit dem ersten Tag unserer Begegnung im Frühjahr 2003 eine enge und absolut vertrauensvolle Freundschaft verbindet. Martin Büllesbach, der die Grundlagen für die bis heute andauernde Partnerschaft mit ABB gelegt hat.
Wie wurden in dieser Zeit in Ihrem Umfeld Menschen mit geistiger Behinderung wahrgenommen? Und wie Special Olympics?
Den meisten ging es wie mir am Anfang. Kaum jemand kannte SOD, geschweige denn unsere Arbeit. Kontakt mit Menschen mit einer geistigen Behinderung gehörte sicherlich nicht zum Alltag. Die nationalen Special Olympics-Veranstaltungen, aber vor allem auch die vielen kleineren lokalen Aktivitäten haben im mehr dazu beigetragen, dass Menschen mit geistiger Behinderung zumindest punktuell Aufmerksamkeit erfahren haben. Verglichen mit heute war das aber verschwindend gering. In diesem Bereich hat Special Olympics wohl die größten und wichtigsten Fortschritte erreicht.
Sie haben damals viel mit prominenten Unterstützern/Testimonials zusammengearbeitet. Wen möchten Sie erwähnen?
Tatsächlich war es damals nicht so schwierig, Prominente anzusprechen und sie für Special Oympics - für Statements oder auch Präsenz - zu gewinnen. Vielleicht war es der Reiz des Neuen, noch nicht Verbrauchten, was ausschlaggebend war. Genau vermag ich das nicht mehr zu sagen. Wenn ich einige erwähnen soll: Frank Busemann war schon 2004 dabei, Markus Wasmeier, Axel Schulz, Sabine Christiansen, Wolf-Dieter Poschmann, Wolfgang Overrath, Til Schweiger, Bianca Jagger, Geraldine Chaplin ...
Gab es bei den Nationalen Spielen in dieser Zeit eine Zusammenarbeit von SOD bzw. Einrichtungen mit dem sog. organisierten Sport?
Natürlich gab es im Sport auch auf regionaler Ebene vielfältige Verbindungen zu den Sportfachverbänden, die allerdings noch nicht festgeschrieben waren. Aber 2004 in Hamburg wurden bereits bei allen Sportarten die Fachverbände involviert und haben insbesondere bei der Stellung von Kampf- und Schiedsrichtern unterstützt.
Haben Sie eine besondere Begebenheit, Anekdote, Erinnerung aus diesen Jahren, die Sie gern erzählen möchten?
Vieles ist mir in Erinnerung, viele Begegnungen haben mich im Laufe der Jahre sehr berührt, da fällt es mir schwer, nur eine herauszugreifen. Eine Begebenheit will ich aber gern erzählen, weil sie sowohl typisch für unsere Athleten, als auch für die Überschätzung von manchem „Super-VIP“ ist:
Kurz vor der Abschlussfeier in Hamburg ging ein Raunen durch die Reihen einiger Organisationsmitglieder: Hugh Grant ist im Anmarsch und wird sich in Olympic Town zeigen!!! Who the ..... is Hugh Grant?? Keiner unserer Athleten hat auch nur ansatzweise reagiert, viel lieber hätte man Axel Schulz noch mal getroffen. „Den kennen wir.“
Gibt es Athletinnen/Athleten in Ihrem Umfeld, die Ihnen aus dieser Zeit in besonderer Erinnerung geblieben sind (und vielleicht immer noch aktiv sind)?
Ja! Es gibt einen Athleten, den ich von Anfang an kenne und der immer noch aktiv dabei ist. Zuerst als Schwimmer; dann als Leichtathlet und Radfahrer, und heute arbeitet er mit als Übungsleiter Leichtathletik mit seinem Bruder zusammen: Lars Stenner! Ein ganz toller Typ mit einer tollen Entwicklung. Es ist mir jedes Mal eine große Freude, wenn wir uns bei Veranstaltungen treffen.
Wenn Sie heute zurückblicken auf diese Jahre – was ist für Sie der größte Erfolg in der Entwicklung von SOD, was macht Sie vielleicht persönlich stolz, weil Sie wesentlich daran beteiligt waren/sind?
Wenn ich heute sehe, welche Entwicklung Special Olympics in den zehn Jahren nach 2005 genommen hat, bin ich sehr froh und sicherlich auch ein wenig stolz darauf, dass sich der schwierige Umbruch gelohnt hat und die Visionen von damals zu großen Teilen Wirklichkeit geworden sind: Wir haben eine Bundesgeschäftsstelle, die diesen Namen auch verdient, mit hervorragenden und äußerst engagierten Mitarbeitern, wir haben Landesverbände, wir sind Mitglied beim DOSB, wir haben gesicherte Finanzen, wir sind vom Vorreiter für Inklusion zu einem aktiven und respektierten Teil der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung geworden, kurz gesagt: der Mission von Special Olympics werden wir heute mehr denn je gerecht. Und ich freue mich, dass ich immer noch ein Teil davon sein darf.