Die Neuausrichtung des Verbandes - Sven Albrecht (Seite 2)
Betrachten wir die Entwicklung seit 2005 aus Sicht der Athleten: Was sind aus Ihrer Sicht die größten Fortschritte, die greifbarsten Ergebnisse aus der SOD-Entwicklung, die ihnen unmittelbar zugute kommen?
Dass unsere Athletinnen und Athleten großartige und faire Sportler sind, wussten wir schon immer; zunehmend nimmt es aber auch die Öffentlichkeit wahr. Darüber hinaus erfährt der Sport unserer Athletinnen und Athleten zunehmend Anerkennung. Wichtig war es aber auch, dass wir lernen mussten: Nämlich Menschen mit geistiger Behinderung als aktive Gestalter mit einzubinden. Nun sind Athleten in den Vorständen und Präsidien, es gibt Athletenräte und einen nationalen Ausschuss. Athleten werden ganz selbstverständlich in öffentliche Auftritte eingebunden. Durch diesen Lernprozess können wir uns nun viel besser und glaubwürdiger in der externen Kommunikation für Selbstbestimmung und Partizipation einsetzen. Klar ist aber auch, dass auch wir erst am Anfang stehen.
Wie hat sich aus Ihrer Sicht die Wahrnehmung von Menschen mit geistiger Behinderung und von Special Olympics Athletinnen und Athleten in der Öffentlichkeit verändert?
Wir haben wie oben beschrieben positive Entwicklungen, die uns ermutigen. Fakt ist aber auch, dass viele Menschen mit geistiger Behinderung weiterhin alltäglich Ausgrenzung, Diskriminierung und eingeschränkte Teilhabemöglichkeiten erleben. Es liegt also noch ein langer Weg vor uns. Der Sport kann aber sehr dabei helfen, Einstellungen und Vorurteile abzubauen.
Wie beurteilen Sie die Entwicklung von SOD im internationalen Kontext, als SOI-Programm – vom zu unterstützenden Verband bis zum potentiellen Wunsch-Ausrichter von Weltspielen?
Es ist natürlich immer schwierig sich selber zu beurteilen. Ich war allerdings vor 14 Tagen auf der Leadership Konferenz der Region Europa/Eurasien. In den letzten Jahren ist ein deutlicher Zuwachs an Anerkennung über die Entwicklungen in Deutschland zu spüren. Unser Rat ist international sehr gefragt! Bei SOI sieht man uns als eines der führenden Programme weltweit und würde gern einmal Weltspiele in Deutschland durchführen! Dies ist ein großes Lob für die Arbeit von uns allen!
SOD ist gesellschaftlich und politisch sehr gut vernetzt, genießt mittlerweile hohes Ansehen als Ansprechpartner bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und ist als Inklusionsbewegung anerkannt. Worauf gründet sich diese Reputation und was sind die wichtigsten politischen Aufgaben des Verbandes in den kommenden Jahren?
Wir haben uns von Beginn an aktiv eingebracht und zeigen, dass wir mit unseren Ansätzen und Angeboten einen großen Beitrag zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention leisten können. Dies wird sehr anerkannt. Wichtige Themen für die Zukunft werden die kritische Begleitung der Einführung des Bundesteilhabegesetzes, die Umsetzung der UN Behindertenrechtskonvention, die Positionierung im organisierten Sport und die Finanzierung, insbesondere auf Landesebene, die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Bewegung und Sport in den Organisationen der Behindertenhilfe und inklusive Prozesse im Sport sein.
Wie lautet Ihre kürzeste Formel für Inklusion im und durch Sport..?
Wunsch-Wahlmöglichkeit und Selbstbestimmung.
Wer waren/sind Ihre Mitstreiter, denen Sie anlässlich der 25 Jahre danken möchten?
Es ist schwierig einzelnen Personen herauszuheben, da ich mit so vielen Menschen zusammenarbeiten und von Ihnen lernen durfte.
Da ich im Veranstaltungs- und Sportbereich gestartet bin, haben die Nationalen Koordinatoren der Sportarten mich mit Sicherheit sehr mitgeprägt. Ich hatte das Glück, dass ich mit Brigitte Lehnert und Gernot Mittler zwei Personen hatte, die mir von Beginn an vertraut und mir viel Verantwortung übertragen haben. Ich habe die einmalige Möglichkeit erhalten, eine Organisation mit aufbauen zu dürfen. Dafür bin ich sehr dankbar. Dieses Vertrauensverhältnis erfahre ich nun auch bei Christiane Krajewski.
Und vor allem danke ich allen Athleten. Sie sind Inspiration und Motivation für unsere Arbeit!
Haben Sie eine besondere Begebenheit, Anekdote, Erinnerung aus diesen Jahren, die Sie gern erzählen möchten?
Das sind immer schwierige Fragen – es gibt nicht den Moment, sondern unendlich viele Momente bei SOD. Ein besonderes Erlebnis waren aber die ersten Gleitwettbewerbe beim Langlauf, die ich gesehen habe. Mit welchem Willen und Freude die Athleten vorgegangen sind – spätestens da habe ich gespürt, worum es bei SOD geht.
Gibt es Athletinnen/Athleten in Ihrem Umfeld, die Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben sind?
Ich kann keinen Athleten hervorheben. Dafür habe ich viel zu viele herausragende Persönlichkeiten kennenlernen dürfen. Es hat mich aber ein Mensch mit geistiger Behinderung besonders geprägt. Aufgrund eines damaligen Hörfehlers war ich in der ersten und zweiten Klasse in einer Sprachheilschule. Ich kann es also nachvollziehen, was es bedeutet, in einer separierten Klasse zu sein. In dieser Zeit haben wir regelmäßig Ausflüge mit einer Schule für Menschen mit geistiger Behinderung unternommen. Dabei hatte ich eine Freundschaft mit einem Jungen mit Down Syndrom. Seit diesem Zeitpunkt war mir klar, was ich später machen möchte. Er hat mein Leben in besonderer Weise geprägt.
Wenn Sie heute zurückblicken auf diese Jahre – was ist für Sie der größte Erfolg in der Entwicklung von SOD, was macht Sie vielleicht persönlich stolz, weil Sie wesentlich daran beteiligt waren/sind?
Ich bin froh, für eine so tolle Organisation arbeiten zu dürfen und spüre große Dankbarkeit, dass ich die Entwicklung von SOD mitgestalten durfte. Das ist ein großes Glück!
Was wünschen Sie SOD und dem SOD-Team für die Zukunft?
Mit dem Wachstum der Organisation ändert sich natürlich auch vieles. Das Familiäre geht ein Stückweit zurück, die Kommunikation und die Mitnahme aller Personen werden schwieriger. Ich wünsche uns, dass wir unser großes Gut – das Miteinander – nie verlieren. Dann werden wir weiterhin mit unseren Athleten erfolgreich sein!
