Gemeinsam bewegen, spielen und Sport treiben – Eine Vision für die Weiterentwicklung des wettbewerbsfreien Angebotes

PD Dr. Michaela Knoll, Privatdozentin und Geschäftsführerin des Institut für Sport und Sportwissenschaft am Karlsruher Institut für Technologie

Gastkommentar von PD Dr. Michaela Knoll, Mitglied des Fachausschusses Wissenschaft von SOD, Privatdozentin und Geschäftsführerin des Institut für Sport und Sportwissenschaft am Karlsruher Institut für Technologie

Die Nationalen Spiele von Special Olympics haben sich im Sportkalender Deutschlands etabliert: alle zwei Jahre finden sie in wechselnden Austragungsorten statt, zuletzt 2012 die Sommerspiele in München und 2013 die Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen. Mit mehr als 5.000 Athletinnen und Athleten bei den Sommerspielen sowie mehr als 700 Sportlern bei den Winterspielen sind diese Veranstaltungen Groß-Sportereignisse, die mit Wettbewerben in 26 verschiedenen Sportarten in der deutschen (Sport-)Öffentlichkeit immer stärker wahrgenommen werden und zu Recht das Label „olympisch“ tragen.

Weit weniger in der Öffentlichkeit bekannt ist das sog. Wettbewerbsfreie Angebot bei diesen Spielen, das sich mit vielfältigen Bewegungs- und Spielangeboten vor allem an diejenigen Teilnehmer richtet, die mit dem sportartbezogenen Wettbewerbsangebot nicht angesprochen werden können. Es sind Spielstationen ohne Wettbewerbscharakter, bei denen jeder Teilnehmer seinem Könnensstand entsprechend Bewegungsleistungen erbringen und sich mit anderen spielerisch messen kann.

Das Wettbewerbsfreie Angebot bei den Nationalen wie auch zunehmend bei Regionalen Spielen steht nicht nur den Athleten, sondern allen Besuchern der Veranstaltung offen und ist somit sehr gut geeignet, Begegnungen von Menschen mit und ohne Behinderung zu ermöglichen. Um dies seitens der Organisatoren gezielt zu fördern, werden beispielsweise Schüler der örtlichen Schulen eingeladen, die Veranstaltung zu besuchen, das wettbewerbsfreie Angebot zu nutzen und so Special Olympics in all seinen Facetten kennenzulernen.

Dieser Weg sollte aus meiner Sicht konsequent weiter fortgesetzt und in Zukunft qualitativ erweitert werden. Die Erweiterung betrifft aus meiner Sicht den Anbieteraspekt des wettbewerbsfreien Angebotes. Bisher war es beispielsweise bei den Nationalen Spielen guter Brauch, Studierende der örtlichen Hochschule für die Gestaltung der Spielstationen zu gewinnen. In der Konsequenz bedeutete dies, dass die Special Olympics-Athleten in der Konsumenten-Rolle waren. Warum trauen wir den Athleten nicht zu, selbst das Angebot zu gestalten? Meine Vision sind wettbewerbsfreie Angebote von Athleten für Athleten – am besten inklusiv.

Wie könnte eine solche Vision umgesetzt werden? Konkret würde eine Athleten-Gruppe am Ort der jeweiligen Spiele sehr früh angesprochen und ermuntert werden, ein Bewegungs- und Spielangebot zu entwickeln und dieses während der Spiele für die anderen Athleten anzubieten. Genau hier kann der Inklusionsgedanke weiter vorangetrieben werden: zum Beispiel könnte eine Schülergruppe aus einer Schule für Menschen mit geistiger Behinderung sich mit einer Schülergruppe aus einer Regelschule im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft Ideen für eine Spielstation – hier z.B. ein Bewegungsparcours - entwickeln, die dazu benötigen Materialien gemeinsam bauen und die Station während der Veranstaltung gemeinsam betreuen. Der Prozess der gemeinsamen Vorbereitung und Durchführung einer Spielstationen selbst könnte ein wichtiger Baustein für den Inklusionsprozess sein und würde in der Region der jeweiligen Nationalen Spiele neue Impulse setzen.

Wer nun meint, dass diese Vision neu ist, sei eines Besseren belehrt: bereits 1986 haben u.a. auf meine Initiative hin Schüler mit einer geistigen Behinderung gemeinsam mit Schülern einer Regelschule ein Spielangebot für das Internationale Spiel- und Sportfest in Heidelberg entwickelt. Konkrete Erfahrungen liegen also vor – Special Olympics Deutschland sollte diese aufgreifen und weiterentwickeln.

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